04. Dezember 2022 Thema: Bildung Von Marcel du Moulin
„Wir sind doch nicht das Småland“! So lautete in Anspielung auf die Kinderbetreuung eines großen Möbelhauses ein Kommentar aus dem Publikum, als während der letzten Sitzung des Ausschusses für Jugend, Schule, Sport und Senioren der Antrag der SPD-Fraktion zur Ausweitung der Betreuungszeiten in der Krippe diskutiert wird.
In den Jesteburger Kindertagesstätten gibt es für die Kinder zwischen 1 und 3 derzeit zwei Betreuungszeiten: 7 Stunden oder 9 Stunden. Die Kinder werden um 8 Uhr gebracht und um 15 oder 17 Uhr abgeholt.
Nicht für alle Familien passt dieses Angebot. Manche möchten ihre 1- bis 3-jährigen Kinder nicht so lange betreuen lassen, sondern wünschen sich kürzere Betreuungszeiten, damit sie selbst mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Andere benötigen diese langen Betreuungszeiten nicht, weil sie in Teilzeit arbeiten. In machen Familien wiederum besteht der Wunsch, in Teilzeit arbeiten zu gehen, die Gebühren, die für die langen Betreuungszeiten erhoben werden, zehren jedoch das Gehalt auf. „Für mich lohnt es sich nicht zu arbeiten. Ich gebe ihn erst mit 3 in die Kita“, so kommentierte eine Mutter die Situation. Die Frau mit einer handwerklichen Ausbildung, die vor ihrer Elternzeit für ein lokales Unternehmen tätig war, steht diesem nun erst einmal nicht mehr zur Verfügung. So vermischen sich die Betreuungszeiten in der Kindertagesstätte mit dem Fachkräftemangel in Deutschland.
Die SPD-Fraktion hat vorgeschlagen, neben den beiden langen Betreuungszeiten zwei weitere Möglichkeiten anzubieten: von 8 bis 12 Uhr sowie von 8 bis 13 Uhr.
Auf der Sitzung des Ausschusses wurde dargelegt, warum es in Jesteburg für die 1- bis 3-Jährigen nur die beiden langen Betreuungszeiten geben könne. Zum einen sei der Bedarf für kürzere Betreuungszeiten nicht da, wurde ausgeführt. Nun: die Gespräche, die wir führen, zeigen ein anderes Bild. Familien wünschen sich sehr wohl andere Betreuungszeiten, können dies aber derzeit nicht anmelden. Aus dem fehlenden Angebot wird fälschlicherweise eine fehlende Nachfrage abgeleitet. Zum anderen wurde erklärt, der sichere Raum der Kinder würde gestört, wenn Kinder früher abgeholt würden. Dies Argument trägt nicht, denn schon heute werden Kinder früher abgeholt, ohne dass es offenbar den Ablauf stört. Die Eltern bezahlen in diesem Fall aber mehr Betreuung als sie nutzen. Außerdem gibt es eine Reihe von Kitas außerhalb von Jesteburg, in denen die flexible Betreuung in der Krippe keineswegs zu einer Störung führt. Und letztlich wurde angemerkt, man könne innerhalb von 4 Stunden keine Bindung zu einem Kind aufbauen; man benötige mehr Zeit. „Ich brauche dafür 1 Stunde“, kommentierte späterhin die Leitung einer Kindertagessstätte in der Region diese Aussage.
Und am Schluss noch eine Frage: Wie fühlt man sich als Erwachsener nach 7 oder 9 Stunden Arbeit? Manche fühlen sich erschöpft und denken, dass es für heute reicht. Andere könnten noch weitermachen. Wieder andere würden gerne weniger arbeiten. Bei Kindern ist es nicht anders. Während einige Kinder problemlos lange in einer Fremdbetreuung zurechtkommen, möchten andere früher bei ihren Eltern sein. Es gibt Kinder, für die kürzere Betreuungszeiten gut sind.
Es stimmt: Eine Kindertagesstätte ist nicht das Småland, wo Kinder betreut werden, während die Eltern einkaufen. Eine Kindertagesstätte ist eine Einrichtung der frühkindlichen Bildung. Sie ist ein Ort, an dem Kinder gut betreut werden und Familien sich aufgehoben fühlen. Dazu gehört auch, auf unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen einzugehen. Die Ausweitung der Betreuungszeiten für die 1- bis 3-Jährigen gehört dazu. Deswegen hat die SPD den Antrag gestellt.