24. Februar 2023 Thema: ... die Sitzungen Von Cornelia Ziegert
Nachdem in der vergangenen Woche der Gemeinderat Jesteburg zu einer Sondersitzung wegen der Unterbringung von 120 Geflüchteten aus aller Welt in Wohncontainern auf dem ehemaligen Reitplatzgelände zusammengekommen war (wir haben darüber berichtet), hielt gestern der Samtgemeinderat Jesteburg eine Sondersitzung ab, um über die weitere Unterbringung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zu beraten, die zur Zeit im ehemaligen Altenpflegeheim Stubbenhof wohnen.
Zunächst wies die Samtgemeindebürgermeisterin Claudia von Ascheraden falsche Behauptungen zurück, die seit der Sondersitzung des Gemeinderates Jesteburg auf den Websites von UWG und CDU bzw. auf Facebook veröffentlicht worden waren. So wurden bisher keine 600.000,00 Euro für Erschließungskosten auf dem Reitplatz ausgegeben, sondern nur 160.000,00 Euro. Es wurde keine Fläche von 8.000 m2 für die Aufstellung von vier Container-Riegeln hergestellt, sondern nur eine Fläche von ca. 2.340 m2 für zwei Container-Riegel; Fundamente für die Container wurden bisher ebenfalls nicht gelegt.
Anschließend unterrichteten die Samtgemeindebürgermeisterin und der Ratsvorsitzende über den aktuellen Sachstand zur Unterbringung Geflüchteter. Wie sich bereits auf der Sondersitzung des Gemeinderates Jesteburg abzeichnete, sind von 2.217 Schutzsuchenden aus aller Welt, die der Landkreis Harburg im ersten Halbjahr 2023 aufnehmen muss, 150 Personen auf dem Gebiet der Samtgemeinde Jesteburg unterzubringen.
Der Mietvertrag für die Unterkunft Stubbenhof wird über den 31. März 2023 hinaus nicht verlängert; im Stubbenhof beginnen nach Ostern die Umbauarbeiten für eine Seniorenresidenz. Wegen des durch den Gemeinderat Jesteburg verursachten Baustopps auf dem Reitplatzgelände, werden die Wohncontainer für bis zu 60 Personen bis zum 31. März 2023 voraussichtlich nicht bezugsfertig. Deswegen müssen die 55 Ukraine-Geflüchteten, die Ende März voraussichtlich noch im Stubbenhof wohnen, anderweitig untergebracht werden.
In der nachfolgenden Diskussion wurde für aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer sehr schnell deutlich, warum sich die Jesteburger Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitik so schwer damit tun, Entscheidungen bezüglich der Unterbringung Geflüchteter zu treffen. Die Ratsmitglieder von SPD und Grünen sprechen über schutzsuchende – teilweise traumatisierte – Menschen und deren Integration in die Dorfgemeinschaft.
Dagegen reden die Ratsmitglieder von CDU, FDP, WIN und UWG über Kosten, Finanzierungsrisiken, die Entwicklung des Reitplatzes als urbanes Gebiet für Gewerbebetriebe und dessen schnellstmöglichen Verkauf zum höchstmöglichen Preis; auffällig häufig werden für Geflüchtete Worte benutzt, die im allgemeinen Sprachgebrauch nur für Sachen verwendet werden („verfrachtet“). Bei dieser Denkweise wundert es nicht, dass die Gruppe CDU/FDP/BUG den Antrag gestellt hatte, die Samtgemeindebürgermeisterin möge Gespräche über die Rahmenbedingungen für den Umzug der letzten 55 Ukraine-Geflüchteten aus dem Stubbenhof in die Gemeinde Stelle führen, womit eine Flüchtlingsunterkunft auf dem Reitplatz gänzlich obsolet würde.
Diese Maßnahme wurde von den Grünen heftig kritisiert, weil davon vor allem Frauen mit Kita-Kindern bzw. schulpflichtigen Kindern betroffen wären. Insbesondere die schulische Entwicklung der Kinder, die sich nach einer traumatischen Flucht aus der Ukraine in die Jesteburger Schulen integriert hätten, würde durch einen erneuten Schulwechsel nach Stelle gefährdet.
Unterstützt wurden die Grünen von den Sozialdemokraten, die nochmals betonten, dass es bei der Unterbringung Geflüchteter vor allem um Integration gehe. Die Voraussetzungen hierfür sind in der Gemeinde Jesteburg objektiv besser, als in den Gemeinden Bendestorf und Harmstorf. Um eine sozialverträgliche Unterbringung der Geflüchteten in der Samtgemeinde zu gewährleisten, schlägt die SPD einen Verteilungsschlüssel entsprechend der Einwohnerzahl der Gemeinden Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg vor.
Davon will die UWG offenbar gar nichts wissen. Die UWG begrüßte ausdrücklich das Ergebnis der Prüfung der Eignung des Grundstücks an der Kleckerwaldstraße/Ecke L213 (Bendestorf) als Standort für eine Containerunterkunft. Das Grundstück wäre ausreichend groß, um alle vier von der Samtgemeinde beschafften Container-Riegel zur Unterbringung von insgesamt 120 Personen dort aufzustellen.
Der heftige Widerspruch des Bendestorfer Bürgermeisters war damit vorprogrammiert, der dieses Grundstück als Container-Standort ablehnt, weil sich dadurch der geplante Neubau des Bendestorfer Feuerwehrgerätehauses an dieser Stelle um mindestens fünf Jahre verzögern würde. Ansonsten werde Bendestorf innerhalb der Samtgemeinde selbstverständlich seinen Beitrag zur Unterbringung Geflüchteter leisten.
Beschlüsse hat der Samtgemeinderat am Donnerstag auch noch gefasst. Der Antrag der Gruppe CDU/FDP/BUG zur Vorbereitung des Umzugs der letzten 55 Ukraine-Geflüchteten aus dem Stubbenhof in die Gemeinde Stelle wurde mit den Stimmen der Gruppe sowie von UWG und WIN angenommen, dagegen stimmten SPD, Grüne und BWG. Der Antrag der Grünen auf unverzügliche Fortsetzung der Bauarbeiten auf dem Reitplatz wurde gar nicht mehr abgestimmt. Außerdem wurde einstimmig beschlossen, die Kaufoption für die vier bisher nur gemieteten Container-Riegel auszuüben, wenn diese fünf Jahre an den Landkreis weitervermietet werden können. Mehrheitlich wurde beschlossen, dass sich die Samtgemeinde im März mit den Gemeinden Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg über die Unterbringung weiterer Geflüchteter im Gebiet der Samtgemeinde einigen soll.
Am Mittwoch, den 1. März 2023 um 19:00 Uhr trifft sich der Samtgemeinderat Jesteburg zur
nächsten Sondersitzung über die Unterbringung Geflüchteter im Schützenhaus. Sie sind herzlich eingeladen, die Debatte und die Entscheidungen vor Ort zu begleiten.