28. Dezember 2023 Thema: Gemeinschaft Von Steffen Burmeister
April 2023 ist der Monat, in dem ohne bedeutende Beteiligung Deutschlands die Fußballweltmeisterschaft der Frauen zu Ende geht. Erinnern Sie sich? – England gewinnt im Elfmeterschießen mit 4:2 gegen Brasilien. Und landesweit ist es ein wichtiger Tag für die Energiewende: die drei letzten AKW’s (Emsland, Isar2 und Neckarwestheim) werden nach langem Anlauf jetzt abgeschaltet.
Und was passiert in den Gemeinden?
Eine entscheidende Diskussion dreht sich um die zukünftige Gestaltung des Spethmann-Platzes. Die Umbauplanungen rund um die Lisa-Kate (Zielsetzung: „Der innerstädtisch gelegene Spethmann-Platz soll zu einem attraktiven multifunktionalem Zentrum der Gemeinde Jesteburg entwickelt werden“) werden vom Verwaltungsausschuss wegen der angespannten Haushaltssituation erstmal ad acta gelegt. Bestandteil der Planungen war unter anderem, dass der historische Brunnen wieder an seinem angestammten Platz versetzt und hier mit dem natürlich austretendem Grundwasser gespeist wird. Wäre ja schön gewesen. Liegt jetzt in der Schublade.
Die Hammer-Nachricht für unsere Samtgemeinde im April war sicher die Insolvenz-Anmeldung von Ole Bernatzkis AHD. Es war für Viele schockierend, dass dieser Betrieb, der durch seine Leistungen für 100te von seniorigen Menschen (Pflegedienst, Wohngemeinschaften, Tagesbetreuung, …) und nicht zuletzt durch seine Angebote während der Pandemie eine feste Größe in Jesteburg war an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit stößt. Und auf den zweiten Blick wurde dann deutlich, wo das Problem sitzt: nicht bei der Geschäftsführung des schnell gewachsenen Betriebs (250 MitarbeiterInnen) vor Ort, sondern bei den Abrechnungsmodi der Pflege- und Krankenkassen nach der Einführung des Tariftreuegesetzes.
Angemeldet ist eine Insolvenz in Eigenverwaltung, die eine gute Perspektive für den Erhalt des Betriebs bietet. Seit April drücken also viele Menschen in Jesteburg Ole Bernatzki und seinem Team die Daumen.
Das Einzelhandelsangebot in Jesteburg reduziert sich in diesem Monat um den Optiker Resch, der 28 Jahre nach der Gründung seines Betriebs selbigen wegen des Fachkräftemangels nun einstellen muss. Wieder einer weniger. Im Spätherbst wird dann noch der Jesteburger Buchladen folgen, eine Schließung von Knackig-Frisch wird angekündigt. Andere, wie zum Beispiel der Zurfday-Shop hinter dem Försterhus etablieren sich hier neu.
Gute Nachrichten: in Harmstorf gib es einen Pächter für das Genossenschafts-Gasthaus ‚Der Harmstorfer‚ – Daniel Sliwinski ist der Mann, der hier ab sofort für Küche und Tresen verantwortlich ist. Da wünschen wir dem Gastronomen einen guten Start und den Gästen guten Appetit!
In Bendestorf wird im April Phillip Ritter zum stellvertretenden Ortsbrandmeister ernannt. Glückwunsch! – Und besten Dank für die Übernahme der Verantwortung und des Ehrenamts!
Und auch das passiert in diesem Monat: die vorübergehend im Stubbenhof untergebrachten Schutzsuchenden aus der Ukraine ziehen um in die auf dem Reitplatz aufzustellenden Container – wenn die denn im Mai bezugsfertig sind. Bis dahin organisiert die Verwaltung mit viel Aufwand und Mühe Zwischenlösungen – ohne Turnhallen und andere öffentliche Gebäude zu belegen.
Die Energiewende ist ein Thema, das in der Samtgemeinde in 2023 zu diversen Ankündigungen und Aktionen führt. So veranstaltet zum Beispiel im April die BEN (Bürgerenergie Nordheide) eine erste gut besuchte Informationsveranstaltung im Schützenhaus.
Es ist ein Wonnemonat und mit eines der schönsten Ereignisse bringt prominenten Besuch nach Bendestorf: Otto Waalkes, berufsmäßiger Ostfriese, besucht das Filmmuseum, wo seine Produktionsgesellschaft Rüssl Film vor 30 Jahren für RTL Television „Otto – Die Serie“ produziert hatte.
Tommi Smid vom Förderverein kam kaum zu Wort (kann man sich hier: Hier geblieben anschauen) und etliche JesteburgerInnen nutzten die Chance für ein Selfie mit der norddeutschen Prominenz.
Otto besucht also das Filmmuseum – und die SPD vor Ort besucht den Kindergarten Seeveufer und holt sich aus erster Hand Informationen zur schwierigen Lage dieser frühkindlichen Bildungseinrichtung.
Und Samtgemeindebürgermeisterin Claudia von Ascheraden ordnet weiter Ihre Organisation und sorgt für die Ernennung von Julia Reese zur ‚Allgemeinen Stellvertretung‘. Damit ist Julia Reese – die bereits vor zwei Jahren auch die Position der Gemeindedirektorin in Bendestorf übernommen hat – jetzt auch offiziell die nach der Bürgermeisterin wichtigste Kraft in unserer Verwaltung. Glückwunsch! (im Bild: Julia Reese bei der Ernennung zur Gemeindedirektorin in Bendestorf).
Was noch im Mai passiert deutet auf Extreme in unserer Gesellschaft hin – mitten zwischen uns: das Milieu der Reichsbürger wird auch in Jesteburg sichtbar: in unserer Gemeinde findet eine Razzia statt, gegen den Festgenommenen wird später Anklage vor dem Oberlandesgericht Frankfurt erhoben werden.
Bauen wird schwieriger. Das Zinsniveau steigt, Baumaterial wird mal teurer, mal billiger, Arbeitskräfte sind zunehmend schwerer zu bekommen – die Lage für die Investoren wird schwieriger. Das merken wir auch in unseren Gemeinden. Es gibt Verzögerungen beim Neubau (14 Mietwohnungen) beim Gasthaus Kurth in Bendestorf, Stillstand in Jesteburg an der Ecke Schierhorner Weg in Jesteburg und Verzögerungen beim Abschluss des Kaufs des Grundstücks ‚In der Koppel‘.
Wir bauen auch für unsere Gesellschaft – zumindest haben wir lange geplant, die Grundschulen in der Samtgemeinde für den Ganztag zu ertüchtigen. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage macht im Juni eine überfraktionelle Arbeitsgruppe der Samtgemeinde Vorschläge zu ersten dringenden Sanierungsmaßnahmen. Aus der laufenden Diskussion sollen dann auch Entscheidungen zum grundsätzlichen Umbau (Neubau?) der Standorte erfolgen und es soll zum Standort eines neuen Kindergartens in der Gemeinde Jesteburg entscheiden werden. Wir ahnen es schon: die Lösungsfindung zu beiden Themen wird sich hinziehen.
Und auch das passiert im Juni: ehrenamtlich und überparteilich gründen acht JesteburgerInnen die Seeve-Energie Genossenschaft für die Samtgemeinde. Die Genossenschaft macht sich zum Auftrag erneuerbare Energie lokal und fossilfrei zu erzeugen und zu vermarkten und findet auf Anhieb große Resonanz. „Wir bieten die Möglichkeit, finanziell und durch persönliches Engagement beim Ausbau erneuerbarer Energien dabei zu sein. Wir nehmen die Energiewende vor Ort in unsere Bürgerhände, um zu Energiegewinnern zu werden„, beschreibt die Initiatorin Nathalie Boegel die Zielsetzung.
Aus der Abteilung ‚Schade!‘: geplant war ein lauer Frühsommernachmittag und -abend für die Jesteburg.Live-Veranstaltung am 1. Juli, doch genauso wie andere Festivals in dieser Zeit (Wacken!) leidet die gute Absicht unter dem schlechten Wetter. Die Musik im Dorf muss ausfallen. Stattdessen gibt es stetigen Regen und eine Verschiebung der Umsetzung ins kommende Jahr.
Der neue Jesteburger Schützenkönig kommt aus Asendorf: Rainer Radloff löst den Jesteburger Sascha Kiehne ab und trägt die Königswürde für die nächsten 12 Monate.
Eine Diskussion, die im Juni (vorläufig?) ihr Ende findet ist die um einen Anbau am Jesteburger Rathaus. Alle Parteien lehnen die auf Betreiben der Verwaltung vorgestellten Pläne ab und empfehlen mit Blick auf die Haushaltslage eine dezentrale Unterbringung der VerwaltungsmitarbeiterInnen bzw. eine modulare Temporärlösung (temporäre Modularlösung?), bis zum Beispiel ein Bezug der gemeindeeigenen Räume am Sandbarg wieder eine realistische Option ist.
Es gibt im Juni auch eine hoffnungmachende Stellungnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung (auch) zum Bahnhaltepunkt in Jesteburg: das Land setzte sich „weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass auch die kurz vor der Umsetzung stehenden Reaktivierungsprojekte Buchholz-Jesteburg-Hamburg-Harburg (…) so schnell wie möglich reaktiviert werden“, heißt es in einer Pressemitteilung. Das sind doch Aussichten! im Herbst soll es ein Update zu den ministeriellen Überlegungen geben.