08. Oktober 2020 Thema: Bauen, Entwickeln und Planen Von Steffen Burmeister
Gestern saßen wir wieder zusammen im Gemeinderat in Jesteburg. Kurz war die Tagesordnung. aber wir hatten mit dem Beschluss zur Wohnbebauung auf dem Zirkusplatz natürlich ein besonders wichtiges und bereits viel diskutiertes Thema mit der Fragestellung: wie können wir bezahlbaren Wohnraum in Jesteburg fördern?
Zumindest ist das unsere (SPD) Fragestellung, aus parteipolitisch anderer Perspektive (CDU, Grüne) mag das auch sein: in welchem Umfang lassen wir in Jesteburg bezahlbaren Wohnraum zu? Oder gar: wie können wir das Projekt verhindern – bezahlbaren Wohnraum – das brauchen wir hier nicht (UWG, FDP).
Noch ist ja kein Wahlkampf, die Kommunalwahl ist erst in einem knappen Jahr (12.09.2021), aber mehr als ein Hauch von Positionierungslust lag schon in der wirklich kalten Luft des Schützenhauses, obwohl das zu diskutierende Projekt ja ein gemeinsames sein könnte. Wir finden es schade, dass jetzt die gepflegte Betonierungen des eigenen politischen Standorts genutzt wird, um Wohnungen für Menschen verhindern, die diese Wohnungen dringend brauchen. Unsere Argumentation hatten wir ja bereits dargelegt (‚Fetisch Firsthöhe‘) – wir waren ehrlich gespannt auf die Debatte.
Es ging um 11 m oder 12 m Firsthöhe (wohlbegründet braucht die Wohnungsbaugesellschaft die 12 m – siehe NL#279) und die Vorgabe von vorzuhaltenden Stellplätzen. Und irgendwie auch ums ‚überhaupt‘. Zu den Stellplätzen gab es eine deutliche Opposition von Bauchgefühl versus Fakten: die KWG wünscht sich einen Schlüssel von max. 1,0 (1 Stellplatz pro Wohnung). Das fußt auf Erfahrungen, denn im Objekt in Klecken hat die KWG nur eine Belegung (Vermietung) von 0,5 Plätzen, in Hanstedt nur 0,9, am Pfarrweg in Jesteburg 0,7 – verständlich, dass sich die KWG nicht auf einen Schlüssel von 1,3 Plätzen pro Wohnung festlegen lassen will, denn die Herstellung der Plätze verbraucht teuren Raum, der anderweitig besser genutzt werden könnte. Bei der Herstellung von bezahlbarem Wohnraum geht es ja um eine möglichst wirtschaftliche Errichtung, da macht es schon Sinn, Sparpotenziale zu heben. Das war in der Konstellation gestern leider nicht möglich.
Um es vorweg zu nehmen: am Ende gab es eine Mehrheit im Gemeinderat nur für die Variante mit einer Firsthöhe von 11 m und einem Stellplatzschlüssel von 1,3. Was bedeutet das? – sicher höhere Kosten für die KWG, sicher auch höhere Kosten für die Gemeinde, denn die Zuzahlung Jesteburgs, quasi unsere nicht-dingliche Einlage in die Wohnungsbaugesellschaft, vergrößert sich durch die Reduzierung des Bauvorhabens nennenswert. Und, was uns schmerzt, es werden eben auch weniger Wohnungen, die hier zustande kommen.
Die Begründung des ‚Neins‘ zu den Wünsche der KWG gab es in diversen Varianten. Die Grünen möchten die dörfliche Struktur erhalten wissen (uns erschließt sich nicht, warum die um 1 m reduzierte Firsthöhe Dorfambiente garantieren soll? – und ist ein großer Block mit 12 Wohnungen dörflicher als zwei mittelgroße mit je 9 Wohnungen?), die FDP sieht Bedarf nur für die Schönen und Reichen hier in Jesteburg (das kann man auf Facebook dazu lesen: „Man lebt eben so, wie man es sich leisten kann“ / „es muss nicht jeder in Jesteburg wohnen und leben“), die CDU stimmte – anders als noch letzthin im Bauausschuss – gestern ebenfalls nur für 11 m und sieht in der Notlösung der KWG einen ‚Kompromiss‘ – man kann es sich ja auch schönreden. Die UWG? … tja, die UWG … – also: es ging jedenfalls bei den Abstimmungen dann so aus, dass unser Antrag auf 12 m Firsthöhe ohne Einschränkung für dieses Objekt mit 12 zu 7 Stimmen abgelehnt wurde. 11 m wurden beschlossen und eben 1,3 Stellplätze. Und dieser Beschluss führt zu einer neuen Auslegung des Plans und einer weiteren Verschiebung der Projektumsetzung.
Und dann gab es noch Ansätze, dass das Grundstück – mit begründeter Hoffnung auf Wertzuwachs – neu zu bewerten sei, weil das Wertgutachten inzwischen ja schon 2 Jahre alt ist. Den Großteil der zeitlichen Verzögerung aber hat die Gemeinde selbst zu verantworten (gerade wieder beschlossen: Pflicht zur neuen Auslegung). Ob das Projekt von allen, die sich willig geben tatsächlich auch gewollt ist? – Es gibt immer breite Bekenntnisse zu sozialem und bezahlbarem Wohnraum. Aber eine kraftvolle Verfolgung eines gesetzten Ziels sieht anders aus. Wir werden sehen.
Anderes Bauvorhaben – weniger heikles Thema: die Neuausrichtung von Christoph Heitmanns Hof in Itzenbüttel. Auch bereits einige Male besprochen, durch alle Ausschüsse, Auslegungen und Abwägungen durch – und heute einstimmig vom Gemeinderat verabschiedet. Viel Erfolg bei der Umsetzung wünschen wir dem Bauherren und seiner Familie!
Und unterschlagen möchten ich nicht den wichtigsten Punkt aus dem Berich der Verwaltung, mit dem wir die Sitzung ursprünglich gestartet hatten: die Samtgemeinde bekommt 120.000 € aus einem Corona-Fördertopf; damit sollen Ausfälle bei Kindertagesstätten etc. kompensiert werden – die sind aber in der Verantwortung der Gemeinden – also wird das Geld wohl großenteils nach Bendestorf und Jesteburg fließen. Und „das Geld reicht natürlich nicht, die Gewerbesteuermindereinnahmen dieses Jahr zu kompensieren“ – das ist dem Gemeindedirektor Oertzen wichtig zu erwähnen.