19. März 2023 Thema: Bauen, Entwickeln und Planen Von Steffen Burmeister
Anlass für das Gespräch war eine sehr ausführliche Reaktion auf einen der letzten Beiträge in unserem Blog. Samtgemeindebrandmeister Martin Ohl und ich hatten uns dann im Gerätehaus der Jesteburger Feuerwehr verabredet.
Herr Ohl – wie geht es der Feuerwehr?
Samtgemeinde-Brandmeister Martin Ohl: Grundsätzlich sind wir sehr zufrieden mit der Ausstattung und eher unzufrieden mit der Perspektive.
Wir sind in unserer Samtgemeinde sehr gut aufgestellt, was die Ausstattung mit Geräten betrifft. Wir haben guten Standard und den sollten wir im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger auch unbedingt halten. Da gilt unser Dank dem Samtgemeinderat für die Zustimmung zur Anschaffung der letzten Fahrzeuge in Harmstorf und Jesteburg.
Als neues Thema wird uns die Einsatzstellen-Hygiene beschäftigen – und auch dafür werden wir ein Budget benötigen. Die Feuer von 1970 sind mit einem Feuer von heute gar nicht zu vergleichen; ein Feuer heute ist immer ein Gefahrguteinsatz – jede zweite Wohnung ist mit Ikea ausgerüstet; das ist nur Chemie und da brennen jede Menge Schadstoffe. Die Kontaminationsverschleppung ist relevant; hochgiftiger Rauch haftet da an den Klamotten der Kameradinnen und Kameraden. Wichtig ist, dass man sich direkt an der Einsatzstelle reinigen kann. Das wird das kommende Thema in der Diskussion mit den politischen Entscheidern.
Und wie ist aus Sicht der Feuerwehr die Zusammenarbeit mit der Verwaltung?
Martin Ohl: das klappt hervorragend! Seit die Zuständigkeit für die Feuerwehr als Stabsstelle organisiert ist, die direkt an die Samtgemeindebürgermeisterin angebunden ist, spüren wir eine deutliche Entlastung des Ehrenamts. Wir haben den notwendig kurzen Draht direkt ins Rathaus. Dort beschäftigt man sich sehr kompetent mit unseren Belangen und gute Ideen werden zum Teil auch im Rathaus geboren!
Der kurze Draht ist ja auch für den Fall der Katastrophe wichtig.
Martin Ohl: für Katastrophen ist gottseidank der Landkreis zuständig. Aber wir haben hier alles zu bewältigen, was noch als Krise gilt. Im Falle des Sturms letzthin haben wir zum Beispiel unsere Handlungsfähigkeit gut austesten können. Der Sturm war ja vorauszusehen, die Samtgemeindebürgermeisterin bittet dann zum Gespräch, es wird ein Krisenstab gebildet, Aufgaben und Präsenzen werden festgelegt.
Und weil das im letzten Fall auch alles gut koordiniert war, Feuerwehr, Verwaltung und Bauhof gut Hand in Hand gearbeitet haben und auch die externen Helfer, die mit schwerem Gerät die Kreisstrasse geräumt haben, perfekt eingesetzt wurden, haben die Bürgerinnen und Bürger eigentlich vergleichsweise wenig von den Sturmschäden mitbekommen. Das war wirklich ein prima Beispiel für das gute Miteinander-Funktionieren der einzelnen Kompetenzen.
Herr Ohl, Sie haben davon gesprochen, dass Sie „unzufrieden mit der Perspektive“ sind – und damit meinen Sie die Probleme beim Nachwuchs. Was ist denn der zentrale Punkt, warum Sie und Ihre Kolleginnen der Freiwilligen Feuerwehren in Bezug auf die Nachwuchsarbeit in der Samtgemeinde zunehmend schlechte Aussichten vermuten?
Martin Ohl: die Jugendfeuerwehr hat für uns eine zentrale Funktion – hier geht es um die zukünftigen Leistungsträger, Nachwuchsarbeit ist die wesentliche Maßnahme, damit die Truppe bei der Feuerwehr nicht überaltert. Und in der Nachwuchsarbeit sind wir nach wie vor sehr gut!
Das Problem ist, dass die jungen Menschen nicht hier bleiben. Unser Nachwuchs zieht nach Seevetal, nach Buchholz, nach Hanstedt. Warum? Weil die Menschen hier in der Samtgemeinde Jesteburg keine bezahlbaren Wohnungen finden. Eine 2-Zimmer-Wohnung – wenn es sie überhaupt gibt – dann gibt es die hier nicht unter 800 Euro. Das können sich die meisten zwischen 20 und 30 doch gar nicht leisten. Und da ist das Angebot in unseren Nachbargemeinden offensichtlich deutlich besser.
Was muss in unseren Gemeinden passieren, damit Sie da wieder positiver in die Zukunft sehen können?
Martin Ohl: um es auf den Punkt zu bringen: wenn die Politik jetzt nicht anfängt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, dann bricht die Feuerwehr zusammen. Die jungen Leute ziehen weg, andererseits dürfen die Kameradinnen und Kameraden ihr Ehrenamtler jetzt bis zum 67ten Lebensjahr ausüben. Die geburtenstarken Jahrgänge sind vorbei, wir fallen gerade in ein Loch, wir sind auf einem Abwärtstrend. Die ganze Samtgemeinde überaltert und der Freiwilligen Feuerwehr geht es da nicht anders! Wir müssen da – im Interesse aller – dringend was tun!
Herr Ohl, den Appell nehme ich gerne mal mit in die politischen Diskussionen. Besten Dank für das Gespräch!